Das Optik- und Hörakustikgeschäft ist traditionell ein sehr persönliches: Brillen müssen vor Ort probiert, Kontaktlinsen angepasst und Hörgeräte individuell gefertigt werden. Doch wer denkt, das Thema „Digitalisierung“ habe daher in der Branche keinen besonderen Stellenwert, der irrt. Denn dank moderner Technik wird bei Optik Matt in Weiden heute das Hörgerät zum Bluetooth-In-Ear-Kopfhörer, und ein persönlicher Avatar sorgt dafür, dass alle Brillenfassungen aus dem Sortiment per Klick auf der virtuellen Nase sitzen. Die Gläser schleift der 4.0-Roboter vor Ort passend.
Die Formel ist ganz einfach: Eintritt des Kunden in den Laden + einmalig Rezept, Daten und Scan des Kopfes abgeben = Belieferung auch bei Folgeaufträgen. „Denn wenn der Kunde vielleicht in einem halben Jahr eine Sonnenbrille möchte, kann er mit dem Avatar, den wir von seinem Kopf erzeugt haben, zuhause verschiedene Fassungen und Gläser digital anprobieren“, erklärt Filialleiter Martin Stich. Das, und die dagegen schon eher schlicht anmutende Möglichkeit, Rechnungen zu begleichen oder Kontaktlinsen nachzubestellen, erledigt er in seiner Kunden-App.
Ähnlich fortschrittlich läuft es im Hörakustik-Bereich. „Hier geht es nicht ‚nur‘ um gutes Aussehen, sondern um echte Produktunterschiede“, so Stich. Die Kundinnen und Kunden können nämlich dank Digitalisierung verschiedene Hörgeräte in verschiedenen virtuellen Geräuschkulissen testen. „Der Kunde weiß dann, wie es künftig im Wirtshaus klingen wird und dass er seinen Nachbarn wieder versteht.“ Außerdem erlauben moderne Hörgeräte inzwischen eine Verbindung mit dem Handy – und fungieren dann als Kopfhörer etwa bei Anrufen, zum Podcast-Hören oder Video-Anschauen.
Vollständige Inhouse-Produktion dank Robotik
Doch nicht nur im Kundenservice bringt die Digitalisierung handfesten Fortschritt in einem traditionellen Handwerk. Auch die Produktion ist mittlerweile dadurch deutlich effizienter geworden. Denn damit die Gläser in die gewünschte Fassung passen, ist ein Präzisionsschliff erforderlich – ein Arbeitsschritt, den Matt bis vor etwa anderthalb Jahren den Glaslieferanten überließ. Inzwischen aber erledigt dies ein Industrieroboter vor Ort – der die dafür notwendigen Daten vom Zentralrechner bezieht. Dadurch beschleunigt sich die gesamte Herstellungszeit für eine Brille um etwa ein Drittel.
Die wichtigste Voraussetzung für effiziente Prozesse ist die Tatsache, dass sämtliche Spezifikationen der Gläser zentral vorliegen. Das ist deshalb der Fall, weil diese unmittelbar im Erstgespräch mit dem Kunden auf einem Tablet des Optikers erfasst werden und fortan für alle Anwendungen – nicht nur in Bezug auf Produktion oder Nachlieferung etwa von Kontaktlinsen – sondern auch für die Rechnungsstellung zur Verfügung stehen.
Vor anderthalb Jahrzehnten begonnen
Ehe Optik Matt die digitale Prozesskette schließen konnte, waren verschiedene Schritte notwendig. Wesentlich war dabei bereits vor etwa 15 Jahren, „dass wir vom Karteikartensystem auf Computererfassung der Kundendaten umgestellt haben“, erinnert sich Stich. Das vereinfachte deutlich die Nachvollziehbarkeit der Kundenhistorie, was vor allem im Kontaktlinsenbereich ein erheblicher Vorteil ist. „Vielleicht verträgt der Kunde etwas nicht, hatte aber früher schon mal ein anderes Produkt, mit dem er gut klar kam“, so Stich.
Ein weiterer großer Schritt war dann vor drei Jahren die Einführung der Beratung via Tablet, das machte die Berater viel flexibler, man könne im Geschäft herumgehen, Fotos mit verschiedenen Fassungen machen, die der Kunde dann vergleicht – die Entscheidung wurde leichter und schneller. Noch einmal verbessert wurde dies mit dem Kopf-Scanner, der einen Avatar erstellt. Der vorerst letzte dank Digitalisierung mögliche Schritt war dann die Verlagerung des Schleifens ins eigene Unternehmen. „Derzeit verbessern wird diese Dinge erst einmal alle stetig weiter“, so Stich – aber wer weiß schon, was noch kommt?
„Hier geht es nicht ‚nur‘ um gutes Aussehen, sondern um echte Produktunterschiede“
Martin Stich
Zur Firma
Die Optik Matt GmbH & Co. KG wurde 1955 in Ellwangen
gegründet und wird mittlerweile in zweiter Generation geführt. Das Unternehmen
unterhält neben dem Stammhaus in Regensburg aktuell 75 Filialen überwiegend in
Süddeutschland. Die Filiale in Weiden besteht bereits seit 40 Jahren.