Mit der digitalen Transformation ist es ein bisschen wie mit der Waldarbeit: Nicht alle nehmen sich dabei wie Abraham Lincoln die meiste Zeit dafür, die Axt zu schärfen – schließlich haben sie ja einen Baum zu fällen. Tatsächlich fehlt vielen kleineren und mittleren Unternehmen angesichts aktueller Probleme die Vorstellung davon, wie sie konkret von einer Investition in Digitalprojekte profitieren können. Das deutlich zu machen, haben sich die AktivSenioren zur Aufgabe gemacht.
Wer sie nicht kennt: Die AktivSenioren Bayern e.V. sind rund 450 ehemalige Führungskräfte und selbstständige Unternehmer, die ehrenamtlich Gründer und bestehende Firmen zu betriebswirtschaftlichen Fragen beraten und begleiten. Vertreten sind sie über jeweils ein Mitglied auch in Tirschenreuth und Weiden, die je nach Auftrag spezifische und qualifizierte Unterstützung aus der gesamten Mitgliedschaft anfordern können.
„Uns geht es nicht um Profit, wir werden gegen eine geringe Vereinspauschale ehrenamtlich tätig“, erklärt ihr Regionalleiter für die Oberpfalz, Karl-Heinz Langner. Der Beratungsbedarf ist groß, besonders bei Gründern, das jüngste Projekt richtet sich aber an bestehende Unternehmen: die digitale Transformation begleiten und voranbringen. Und das sei zwar zäh, aber lohnend. „Die Unternehmer bibbern davor, alle haben Angst, dass sie eine digitale Transformation wahnsinnig viel Geld kostet“, weiß Langner.
Keine Frage des Geldes
Dabei ist nicht das Geld das Problem – „die Aufwendungen für erste Schritte sind überschaubar“ – sondern es sind die Prozesse, die oft nirgends beschrieben seien, weiß der Digital-Experte des Vereins, Franz-Josef Herchenbach. Dass am Anfang der Beratung erst einmal die Analyse der Prozesse und Abläufe im Vordergrund steht, überrasche viele. „Es geht darum, das Zusammenspiel zwischen Menschen, Technologien und Abläufen zu verstehen“, erklärt Herchenbach.
Nach zwei bis drei Sitzungen á vier Stunden sei das erledigt: Die Coaches verstehen das Geschäft des Unternehmens, wissen worauf es bei der Ablaufbeschreibung ankommt. „Oftmals ist das nirgends dokumentiert, der Chef hat es im Kopf, die Dinge haben sich durch das Wachstum immer mal wieder verändert, doch dabei stand nicht unbedingt Effizienz im Vordergrund“, so Herchenbach. Es mache keinen Sinn einen ineffizienten Prozess zu digitalisieren, diesen müsse man erst einmal umstellen.
"Oftmals ist das nirgends dokumentiert, der Chef hat es im Kopf, die Dinge haben sich durch das Wachstum immer mal wieder verändert, doch dabei stand nicht unbedingt Effizienz im Vordergrund.“
Franz-Josef Herchenbach, Digital-Experte des Vereins
Wo sind die Zettel?
Nach einer Erstanalyse geht es in Detailanalyse. „Wir schauen, wo es noch Schwachstellen in den Abläufen gibt, wo noch viel mit Zetteln gearbeitet wird, wo Dinge händisch in Excel-Tabellen getippt werden und so weiter“, erklärt der Experte. Aus dieser Analyse werden anschließend für das jeweilige Unternehmen passgenaue Anforderungen abgeleitet. Diese dienen als Basis um nach passenden Angeboten auf dem Markt zu suchen, bevorzugt nach lokalen Anbietern.
Nach der Angebotsauswertung und einer Vorauswahl stellen die Anbieter ihre Lösung idealerweise im Rahmen eines sogenannten Proof of Concept vor. Dabei zeigt der Anbieter am System, wie die Lösung aussehen wird. Sechs bis acht Wochen nach Beginn des Projekts steht dann in der Regel die Entscheidung an, was in welchem Umfang umgesetzt wird. „Das kann ein Office-Paket oder eine kleine Lagerverwaltung sein, manchmal auch ein Buchhaltungssystem“, so Herchenbach.
Finanziell verausgaben müsse sich dabei in der Regel niemand, aber man profitiert ganz unmittelbar davon. „Wenn ein Kunde bei Ihnen anruft und Sie genau wissen, was noch in Ihrem Lager liegt, können Sie ihm sofort sagen, ob und wann Sie ihn bedienen können. Oder wenn Sie für ein Angebot einfach nur auf einen Knopf drücken müssen und nicht jedes Mal von vorne mit dem Schreiben und Kalkulieren beginnen brauchen, dann ist das eine große Erleichterung“, erklärt der Experte. Und damit sei dann plötzlich die große Unbekannte ‘digitale Transformation’ fürs Erste schon erledigt.
AktivSenioren Bayern e.V.
Die AktivSenioren Bayern e. V. unterstützen Existenzgründer, kleine und mittlere Unternehmen sowie gemeinnützige Organisationen bei betriebswirtschaftlichen Aufgaben. Sie verstehen sich als Sparringspartner, schaffen neue Lösungen und helfen Krisen zu bewältigen.
Die rund 450 Mitglieder sind ehemalige Führungskräfte, Unternehmer und Freiberufler aus allen Branchen. Sie beraten ehrenamtlich und uneigennützig, sind wirtschaftlich unabhängig und politisch neutral.
Text: Alexandra Buba