Wollt Ihr einen schöneren Biergarten? Ein Dach im Hof, wenn es regnet und doch lau genug zum Draußensitzen ist? Besonderes, in kleinen Mengen vor Ort handwerklich gebrautes Bier trinken? Dann seid dabei, beim Crowdfunding, um unseren Biergarten auszubauen… So oder so ähnlich sprach Lino Molter vor zwei Jahren Stammkunden, Leute aus dem Dorf und Bierfans aus der ganzen Republik an, bat um Geld und bot dafür Bierwanderung, Brauereiführung oder Hoodie.
Crowdfunding – Finanzierungsmöglichkeit oder Marketingtool?
Für das digitale Einwerben von Mitteln gibt seit etwa anderthalb Jahrzehnten professionelle Crowdfunding-Plattformen; startnext.com war für Molter die beste Alternative. 15.000 Euro sollten über die Ausschreibung binnen eines Monats zusammenkommen, das hat dank knapp 130 Unterstützerinnen und Unterstützern geklappt, am Ende waren es rund 20.000 Euro. Doch als Finanzierungsquelle sieht Molter Crowdfunding nicht, wohl aber als Marketing-Instrument: „Man bettelt ja nicht um Geld, sondern bietet einen Gegenwert an“, so Molter.
Wobei man genau überlegen und kalkulieren müsse, was die Produkte im Einkauf kosten, wie der Versand zu Buche schlägt und was dann am Ende übrig bleibt. „Denn selbstverständlich realisiert man das ausgeflaggte Projekt mit den eingeworbenen Mitteln dann auch wie versprochen“, sagt der Brauer. Das läuft gerade und pünktlich zur Eröffnung im späten Frühjahr wird das Sonnen- und Regensegel da sein, ein Bereich für Kinder und noch ein paar Annehmlichkeiten mehr.
"Man bettelt ja nicht um Geld, sondern bietet einen Gegenwert an."
Lino Molter
Brau-Tage und Frage-Freitage
Als Finanzierungsform sei Crowdfunding indes viel zu aufwändig: „Man benötigt eine ganze Menge guten Content, Texte, Bilder und Videos, das hat richtig Zeit gekostet.“ Etwa zwei Monate Vollzeit, schätzt er, und würde zwar kein weiteres gleichartiges Projekt mehr machen, die Aktion aber immer wieder in dieser Form durchführen. Denn sie passt genau in die Vermarktungsstrategie, die ausschließlich über digitale Kanäle funktioniert, ganz einfach, „weil man sich analoge nicht leisten kann.“ Schließlich braut Molter nur im Zweiergespann mit seinem Vater, neben dem Biergarten in Irchenrieth betreibt er ein Wirtshaus in Weiden und beschäftigt im Gastrobereich rund zwölf Mitarbeitende.
Er selbst widmet sich mindestens zwei Stunden pro Woche Marketingaktivitäten auf Social Media, dabei macht er alles in Eigenregie. Das bedeutet auch, dass er an Brau-Tagen schon mal den ganzen Tag von vier bis 21 Uhr am Filmen ist oder am „Frage-Freitag“ durchgehend am Handy für Fragen zur Verfügung steht. Sein Vater Arne Luchner hat damit nichts am Hut, wohl aber mit der digitalen Überwachung der Tanktemperatur während der Lagerungsphase. „Die Kühlung ist bei uns deshalb so wichtig, weil wir unser Bier nicht pasteurisieren“, erklärt Molter. Und während Luchner früher immer die Temperatur vor Ort überprüfen musste, läuft das heute über das ipad.
Crowdfunding schon im Businessplan
Während diese digitalen Neuerungen sukzessive vor dem Hintergrund von Energieeffizienz – nicht mehr der gesamte Raum, sondern nur die einzelnen Tanks müssen gekühlt werden – Einzug gehalten haben, stand das Crowdfunding schon im ersten Businessplan von Lino Molter, den er 2018 für Brauerei, Biergarten und Gaststätte geschrieben hat. Gegründet hat er 2019, nachdem die familieneigene Brauerei zuvor beinahe zehn Jahre lang geschlossen gewesen war. Und dass sie nun als lokales Industriedenkmal mit neuem Leben für Sinnenfreuden sorgt, ist vor allem digitalen Wegen zu verdanken.
Brauerei Molter Gmbh & Co KG, Irchenrieth
Gegründet 2019 setzt Lino Molter mit der Wiederbelebung der familieneigenen Brauerei auf handwerklich gebraute Biobiere. Vertrieben wird das Bier in Hofläden und Supermärkten, ausgeschenkt wird es im eigenen Wirtshaus in Weiden und im Biergarten auf dem Brauereigelände in Irchenrieth sowie in einer ganzen Reihe von Gaststätten in der Region.