Grenzüberschreitende IT

24. März 2023
VR Bank Nopf
Bayerische Breze trifft Kalsbader Oblate: Martin Siller und sein tschechischer Kollege Tomáš Ševčík, Mitarbeiter im Projektmanagement und heute in der Vertriebsunterstützung Tschechien tätig.

Die VR Bank Nordoberpfalz war eines der ersten Unternehmen, das nach der Öffnung des Eisernen Vorhangs in Tschechien eine Niederlassung gründete. Heute betreut die Genossenschaftsbank mit Filialen in Eger, Karlsbad und Pilsen knapp 10.000 tschechische Kunden. Ein wesentlicher Teil der Geschäftsentwicklung war die IT. Das letzte große Projekt, das die Bank 2022 in diesem Bereich abgeschlossen hat, nannte sich „klenot“, zu deutsch „Schmuckstück“, und hatte das Ziel, die IT-Infrastruktur diesseits und jenseits der Grenze vollständig zusammenzuführen.

„Wir haben genau die selben Probleme wie ein Mittelständler, der auf den tschechischen Markt geht, und wir wissen, was es kostet, eine IT dorthin zu bringen“, sagt Martin Siller, Bereichsleiter Vertriebsmanagement & Marketing bei der Volksbank Raiffeisenbank Nordoberpfalz eG. Auch weshalb letzteres so wichtig ist, erklärt er: „Wo der deutsche Kunde vielleicht noch Verständnis hat, wenn ein Papierformular für irgendetwas notwendig ist, hat dies der tschechische nicht.“

 

Symptomatisch dafür sei der Hinweis im Zug „Ab Furth im Wald WLAN“ bei der Reiserichtung nach Tschechien. Die Selbstverständlichkeit, mit der die Nachbarn alle Dinge des täglichen Lebens digital erledigen, lässt deutschen Unternehmen, die in Tschechien Fuß fassen wollen, keine Wahl: Ohne IT-Kompetenz brauchen sie nicht anzutreten.

 

„Übersetzen reicht da nicht“

 

Für die Bank war dies noch ungleich komplizierter, als dass hier gleich drei Aspekte grenzübergreifend zusammenspielen müssen: Sprache, Technologie und Rechtssystem. „Übersetzen reicht da nicht“, sagt Siller mit Blick auf unterschiedliche Vorschriften bei Kontoführung oder Meldewesen durch verschiedene sogenannte Kernbankensysteme.

 

Manchmal sei Übersetzen sogar hinderlich, wie in der Zusammenarbeit mit dem tschechischen IT-Partner. Dort habe er sich in den Sitzungen zum jüngsten Projekt „klenot“ manchmal bewusst ausgeklinkt, auf Englisch als Mittler verzichtet, damit die tschechischen Bankmitarbeitenden und der tschechische Dienstleister ohne Bedeutungs- und Sinnverluste kommunizieren konnten.

"Wo der deutsche Kunde vielleicht noch Verständnis hat, wenn ein Papierformular für irgendetwas notwendig ist, hat dies der tschechische nicht."

 

 

Zunächst eigenes Rechenzentrum in Tschechien

 

Die Motivation für das große IT-Projekt, das von 2019 bis 2022 dauerte, war die vollständige Integration der Systeme in Tschechien und Deutschland. So betrieb die Genossenschaft bis dahin ein eigenes Rechenzentrum in Tschechien, die IT-Welten der beiden Länder waren getrennt. Der Datenaustausch funktionierte freilich trotzdem über Schnittstellen. „Aber das kostet immer Zeit, die dann eine Rolle spielt, wenn etwa bei Firmenkrediten eine Bewilligung auf mehreren Ebenen – diesseits und jenseits der Grenze – geprüft wird“, sagt Siller.

 

Alles andere als banal verlief die Integration der Systeme vor allem aus zwei Gründen: Zum einen funktioniert die tschechische Kontenführung nicht über ein Girokonto, sondern in der Regel über drei Unterkonten mit verschiedenen Funktionen. Zum anderen war es für die Atruvia, dem Rechenzentrumsbetreiber für die deutschen Genossenschaftsbanken, nicht einfach, ein grenzüberschreitendes Banknetz zu errichten. Das war auch für den IT-Dienstleister mit Sitz in Karlsruhe ein einmaliges Projekt.

 

„Schmuckstück“ für smartes Arbeiten

 

Heute können sich deutsche und tschechische Mitarbeiter an jedem Arbeitsplatz in beiden Ländern einstöpseln und auf die selben Daten in beiden Ländern zugreifen. Für das Meldewesen werden alle relevanten Salden berücksichtigt und im jeweils richtigen Kontext angezeigt und berücksichtigt. „Die Integration nützt auch den Oberpfälzer Firmenkunden“, erklärt Siller, „wer etwa in Tschechien einen Standort als verlängerte Werkbank betreibt, hat dadurch nun einen Berater, der über eine Echtzeit-Informationsquelle dazu verfügt, was finanziell auf der anderen Seite der Grenze läuft.“

 

Text: Alexandra Buba

 

 

Zur Firma

 

Die Volksbank Raiffeisenbank Nordoberpfalz eG beschäftigt derzeit über 700 Mitarbeitende. Seit 1993 ist die Genossenschaft auch in der Tschechischen Republik vertreten und betreut hier knapp 10.000 Kunden. Dies sind überwiegend Unternehmen oder Arbeitnehmer mit Deutschland-Bezug.

 

 

Anders als in der Oberpfalz positioniert sich die VR in Tschechien nicht als „die Bank für jedermann“, sondern als Spezialanbieter für nicht standardisierbare Dienstleistungen mit besonderer Kompetenz im grenzüberschreitenden Finanzgeschäft.

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